Das war die Westfälische Ausbildertagung 2025
Münster (PV). Es war die 19. Auflage der Ausbildertagung, die am letzten Samstag im September gut 100 Trainerinnen und Trainer an die Westfälische Reit- und Fahrschule gelockt hatte. Das Angebot hat bei etlichen Gästen längst einen Stammplatz im Kalender erobert, denn wie eine kleine Spontanabfrage im Rahmen der Begrüßung zeigte, hatte die überwältigende Mehrheit der Gäste schon vielfach daran teilgenommen.
Westfälische Reit- und Fahrschule im Wandel
„Unsere Westfälische Reit- und Fahrschule befindet sich in vielerlei Hinsicht in einem Umbruch“, verdeutlichte Brigitte Hein vom Vorstand des Pferdesportverbandes Westfalen in einem kleinen Info-Block zu Beginn der Tagung. „So werden einige der alten, denkmalgeschützten Gebäudeteile, die bisher unsere Gästeapartments beherbergt haben, in Kürze wieder in das historische Gut Havichhorst integriert. Wer an unseren Lehrgängen teilnimmt, darf sich zukünftig über moderne, freundliche Zimmer im neuen Gästehaus freuen“, fuhr die Geschäftsführerin fort und lud die Teilnehmenden ein, die Angebote der Schule mit ihren Vereinen zu nutzen – etwa bei individuell zugeschnittenen Vereinstagen. Schließlich steht auch im Hinblick auf die Leitung eine Veränderung bevor, denn ab dem 1. November 2025 wird Friederike Plagmann ihre Aufgaben als neue Fachschulleiterin übernehmen. „Ich freue mich sehr, dass sie heute bereits bei uns ist und sich im Rahmen der Ausbildertagung einbringen wird“, schloss Brigitte Hein die Begrüßung.
Friederike Plagmann, die selbst ihre Prüfung zum Trainer A und ihre Meisterprüfung an der Westfälischen Reit- und Fahrschule absolviert hatte, nutzte die Gelegenheit, sich persönlich vorzustellen und einige Gedanken zu formulieren. „Ich freue mich sehr auf den Austausch und halte es generell für außerordentlich wertvoll, wenn Trainerkollegen und Experten miteinander ins Gespräch kommen“, teilte sie ihre Gedanken.
Der veterinärmedizinische Blick
Mit dem ersten fachlichen Impuls begann im Anschluss das Programm der Tagung. Tierärztin Franziska Ruck eröffnete die sensibilisierenden Vorträge des Vormittags. Mit einem kleinen Update zu den LPO-Regeln und zu den Gesetzen zum Tierschutz im Pferdesport rekapitulierte sie eingangs, welche Kontrollmaßnahmen beispielsweise auf Turnieren im Zusammenwirken zwischen Richtern und Tierärzten geschehen. Dazu hatte die frühere Mitarbeiterin der Deutschen Reiterlichen Vereinigung einige statistische Daten mitgebracht. So wurden 2024 insgesamt 27.783 Pferdekontrollen durchgeführt. Bei 1,1 Prozent dieser Kontrollen wurden Auffälligkeiten festgestellt, knapp die Hälfte davon bezogen sich auf Befunde am oder im Pferdemaul. Unter Einbeziehung wissenschaftlicher Arbeiten machte die Tierärztin deutlich, dass vielfach nutzungsbedingte Ursachen anzunehmen sind. Franziska Ruck konkretisierte die abstrakten Zahlen mit einigen eindringlichen Fotos, die teils im Rahmen von Pferdekontrollen, teils in Tierkliniken entstanden waren. Die gezeigten Verletzungen waren erheblich und hatten Sanktionen wie Geldstrafen und Sperren nach sich gezogen.
„Sollten Verletzungen im Maulbereich auftreten, ist es natürlich wichtig, dass sie überhaupt entdeckt, werden“, unterstrich die Tierärztin. Das ist angesichts der Sichtverhältnisse in der Maulhöhle naturgemäß gar nicht so einfach. Umso wichtiger ist es, dass Reiterinnen und Reiter sowie Ausbilder die Signale, mit denen Pferde ein Unwohlsein oder Schmerz signalisieren, aufmerksam wahrnehmen. Was Verletzungen im Maul angeht: „Sie können definitiv nicht heilen, wenn weiterhin ein Gebiss eingelegt wird. Das Abstellen der Ursachen ist unerlässlich“, schloss Franziska Ruck ihren Vortrag mit einem Hinweis auf die Schlüsselposition der Ausbilder und dem Appell. „Vermitteln Sie die Reitlehre, vermitteln Sie Verantwortung und zeigen Sie Ihren Schülern auch ganz konkret, wie man das Maul auf seine Gesundheit kontrolliert.“
Die Perspektive der Reitlehre
Reitmeister Martin Plewa, der die Westfälische Reit- und Fahrschule selbst etliche Jahre geführt hatte, leitete den zweiten Impulsvortrag mit einem klaren Statement ein: „Wir müssen Probleme und Fehlentwicklungen eigenständig lösen“, positioniere sich der Ausbildungsexperte, der anschließend wesentliche Aspekte zur Hilfengebung und zur Ausrüstung aufgriff und erläuterte. Dabei stellte er immer wieder Bezugspunkt zur Wissenschaft her und hatte zur Untermauerung eine Reihe von Röntgenaufnahmen dabei. Sie verdeutlichten aus nicht alltäglicher Perspektive, wie sich etwa ein einfach und ein doppelt gebrochenes Gebiss im Pferdemaul tatsächlich verhält. Kernelemente der Reitlehre brachte Martin Plewa in seinem Vortrag mit prägnanten Merksätzen auf den Punkt, etwa im Zusammenhang mit der Anlehnung „der steten, weich-federnden Verbindung von der Reiterhand zum Pferdemaul“. A pro pos Reiterhand: „Die Hände sind ein Fühl-Instrument.“ Ein schöner Satz, den auch ganz junge Pferdefreunde gut verstehen können. Martin Plewa teilte dabei eine Erinnerung an seine eigenen frühen Reiterfahrungen. „Mein Vater legte von Beginn an immer größten Wert darauf, dass wir mit einer ruhigen und weichen Hand reiten.“
Signale der Pferde beachten
Anhand einiger Beispiele erinnerte der Reitmeister daran, dass Pferde ihr Unwohlsein zwar leise, aber durchaus sichtbar deutlich machen. Bilder unterstrichen die Ausführungen, etwa von Pferden mit steif zurückgelegten Ohren oder einer angezogenen Unterlippe mit dem sich dann bildenden „spitzen“ Kinn. Auch bei einem offenen Maul müsse immer hinterfragt werden, ob dies ein Schmerzausdruck sein könne. Der Referent empfahl zudem ein kritisches Überdenken von Formulierungen in Ausbildungs- oder Turnierzusammenhängen, wenn diese dem Pferd eine Schuld zuweisen, wie etwa „das Pferd geht gegen die Hand“ oder „das Pferd widersetzt sich“. Besser und hilfreicher seien konkrete Empfehlungen, was der Reiter in der Situation ändern könne. Im abschließenden Teil seines Vortrags griff Martin Plewa Aspekte zur Natur des Pferdes auf, beispielsweise die hohe Sensitivität des Sinnesorgans Haut. Er forderte dazu auf, jedem Reiter zu dem Verständnis zu verhelfen, dass er auf etwas außerordentlich Sensibles einwirkt. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass das Schmerzempfinden des Pferdes mit dem des Menschen vergleichbar ist. „Gutes, richtliniengemäßes Reiten ist der beste Tierschutz“, lautete einer der Schlusssätze des Vortrags, der mit zahlreichen Gedanken zum Nachdenken anregte.
Gutes Hinschauen üben
Am Nachmittag stand der Praxistransfer im Mittelpunkt und es wurde sichtbar gemacht, wie die Dinge zusammenwirken. Für die Veranschaulichung hatten sich Paare aus den westfälischen Talentfördermaßnahmen, die von Jutta Briel betreut werden, sowie eine Auszubildende der Westfälischen Reit- und Fahrschule als Probanden zur Verfügung gestellt.
In einem Wechselspiel zwischen den Aspekten der Reitlehre und dem biomechanisch-analytischen Blick auf Sitz und Einwirkung des Reiters moderierten Björn Küper vom Team der Schule und Imke Schuon die praktischen Sequenzen und warfen sich dabei die sprichwörtlichen Bälle zu. Im Mittelpunkt stand die handunabhängige Einwirkung – immer mit dem Blick auf das Pferdemaul. Die Praxis erschöpfte sich aber nicht in einem Vortrag. Vielmehr ging immer wieder die Frage in die Teilnehmerrunde: „Wie macht ihr das zu Hause? Was würdet ihr in dieser Situation empfehlen?“ So wurde intensiv und miteinander an Verbesserungen gearbeitet. Dabei wurden auch kontroverse Ansichten aufgegriffen und entlang der Grundlagen aus der Reitlehre diskutiert. Schließlich wurde auch der veterinärmedizinische Aspekt vom Vormittag wieder aufgegriffen, etwa indem Franziska Ruck ganz praktisch zeigte, wie man das Pferdemaul inspiziert – so, dass jeder Schüler das zu Hause regelmäßig vornehmen kann.
Zum Ende der Tagung und auch im Nachgang richteten Teilnehmende ihr positives Feedback an das Organisationsteam. „Die Referenten haben das Thema Pferdemaul mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Spezial-Fachwissen authentisch greifbar gemacht. Die Mischung aus Ernsthaftigkeit für das Thema Pferdewohl und die humorvolle praktische Umsetzung hat es leicht gemacht, die Gedankenanstöße zu verinnerlichen“, formulierte es etwa eine Teilnehmerin im Nachhinein.
Björn Küper, die für die Planung, Organisation und Moderation verantwortlich zeichnete, zog seinerseits ein positives Fazit und freute sich, dass eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis und ein angemessen sachliches Sensibilisieren für das wichtige Thema „Pferdemaul“ gelungen war.
Save the Date: Im nächsten Jahr findet die Westfälische Ausbildertagung am Samstag, 26. September an der Westfälischen Reit- und Fahrschule in Münster statt.

Westfälische Ausbildertagung 2025: Im Fokus stand das Pferdemaul